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Heute außer Betrieb

Veröffentlicht am 04. April 2016
Geschrieben von Dagmar Recklies

Was passiert wenn mehrere Komponenten eines Systems gleichzeitig außer Betrieb sindMein Erlebnis vom letzten Sonntag lässt mich mal wieder an den Fähigkeiten des Hochtechnologiestandortes Deutschland zweifeln. Alles wird für ein nahtloses Kundenerlebnis präzise entwickelt – und dann bricht das ganze System durch fehlende Abstimmung komplett zusammen. Ein System ist immer noch mehr als die Summe seiner Teile. Doch die einzelnen Systemkomponenten vergessen das gern.

Hier meine Geschichte von mehreren Systemkomponenten, die aller außer Betrieb sind

Wir kamen sonnabends spät abends von einem einwöchigen Urlaub zurück. Mit zwei kleinen Kindern hatten wir natürlich haltbare Vorräte für den Sonntag im Haus. Doch es fehlte an Frischkost. Kein Problem – die Nähe unseres Wohnortes zum Frankfurter Flughafen ist ein echter Standortvorteil. Im benachbarten Squaire (der Büro- und Geschäftskomplex direkt über dem ICE-Bahnhof Frankfurt Fernbahnhof) gibt es einen Rewe City, der auch sonntags geöffnet hat.

Ich fuhr also mit beiden Kindern im Auto in das zum Squaire gehörende Parkhaus, übrigens eines der besten die ich kenne. Von dort gelangt man in das eigentliche Gebäude über eine kleine Pendelbahn, genannt Metro. Für die Kinder ist diese Fahrt immer ein beliebtes Highlight.

Die folgenden Erlebnisse in chronologischer Reihenfolge:

Hinweg

  • Wir parken in der direkt von der Einfahrt erreichbaren Etage 1
  • Mit dem Aufzug fahren wir zu Etage 6, wo die Metro startet.
  • Dort ist eine Absperrung und folgendes Schild:
    Die Metro vom Parkhaus zum Squaire war am Sonntag außer Betrieb
    Die Metro zum Squaire ist heute leider außer Betrieb. Kann ja mal passieren.
    Die Metro vom Parhaus zum Squaire war am Sonntag außer Betrieb
    Nochmal im Datail. Warum soll ich eigentlich vom Parkhaus aus dem Weg zum Parkhaus folgen?
  • Wegen Wartungsarbeiten ist die Metro an diesem Wochenende außer Betrieb. Die Kinder sind enttäuscht. Kann ja mal vorkommen.
  • Wir machen uns auf den spannenden Fußweg hinüber zum Squaire („Folgen Sie den orangen Markierungen“)
  • Start ist in Etage 0 bei der Ausfahrt des Parkhauses, also geht es erst einmal wieder nach unten.
  • Der Weg ist lang, führt uns aber an Stellen, die wir sonst nie gesehen hätten.
    Ich denke flüchtig an Gehbehinderte und Reisende mit Gepäck.
  • Wir nehmen die Treppe hinauf ins Squaire.
  • Die Ausschilderung ist gut und wir kommen wohlbehalten an.

Rückweg

  • Die Kinder wollen vom Squaire hinab auf die Straße den Aufzug nehmen.
  • Der Aufzug ist außer Betrieb.
    Das erklärt den verlassenen Kofferkarren direkt vor dem Aufzug.
  • Der einzige Weg zum Parkhaus führt also über die lange Treppe.
  • Uns macht das nichts aus. Für einen Rollstuhlfahrer würde die Reise hier enden.
  • Wir sehen einen Mann, der mehrere Koffer nacheinander die Treppe hinauf schleppt.
  • Wir erreichen Etage 0 des Parkhauses und wollen dort gleich am Kassenautomaten bezahlen.
  • Der einzige Kassenautomat in Etage 0 ist außer Betrieb.
  • Zähneknirschend fahren wir von Etage 0 zu Etage 6.
  • Der erste Kassenautomat spuckt sämtliche Münzen wieder aus (mein Sohn findet das toll).
  • Der zweite von zwei Kassenautomaten nimmt mein Geld.
  • Wir fahren von Etage 6 zu Etage 1 und verlassen ohne weitere Probleme das Parkhaus.

Für uns war die ganze Aktion ein unerwarteter Spaziergang mit Entdeckungsreise am Sonntagnachmittag. Der Mann mit den Koffern hat das sicher schon anders gesehen. Dem Betriebswirt in mir stellten sich aber mal wieder sämtliche Nackenhaare senkrecht:

Da baut jemand ein modernes Büro- und Geschäftshaus mit einem wirklich guten Parkhaus und einem funktionierenden Transfer (Metro). Falls die Metro doch mal nicht funktioniert gibt es eine zumindest barrierefreie Alternative (gut ausgeschilderter Fußweg und Aufzüge). Das Ganze ist ein gut aufeinander abgestimmtes System.

Doch dann schlägt Murphys Gesetz zu. Eine Komponente des Systems wird geplant außer Betrieb gesetzt. Zwei weitere Komponenten (Aufzug, Kassenautomat) sind zeitgleich geplant oder ungeplant ebenfalls außer Betrieb. Schon bricht das gesamte System zusammen und stellt die Kunden vor beschwerliche bis unlösbare Situationen.

Vermutliche Ursache des Dilemmas:

Wahrscheinlich hat jede der drei Komponenten Metro, Aufzug und Kassenautomat einen anderen Verantwortlichen. Jeder dieser Verantwortlichen handelt für sich sinnvoll, setzt dabei aber wie selbstverständlich voraus, dass alle anderen Komponenten des Gesamtsystems planmäßig funktionieren und damit den eigenen Ausfall kompensieren.
Eine Abstimmung untereinander findet nicht statt.

Es gibt offensichtlich auch niemanden, der die Gesamtübersicht hat und bemerken könnte, dass der Kundenprozess durch den gleichzeitigen Ausfall mehrerer Systeme weitgehend zusammenbricht.
Alternativ 1: Es gibt sonntags niemanden, der die Gesamtübersicht hat.
Alternativ 2: Es hat zwar jemand den gleichzeitigen Ausfall mehrerer Komponenten bemerkt, hat aber keine für den Kunden erkennbaren Schritte eingeleitet.

Es hätte schon genügt, im Parkhaus einen einfachen Hinweis anzubringen:

„Achtung, Übergang zum Squaire derzeit leider nur über eine Treppe möglich. Für einen barrierefreien Zugang nutzen Sie bitte die anderen Parkhäuser am Flughafen“

Das hat aber niemand geschafft.

So einfach kann sich moderne Infrastruktur selbst außer Betrieb setzen.

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Ein weiteres Erlebnis von mir, bei dem ebenfalls der völlig unerwartete gleichzeitige Ausfall mehrerer Komponenten zum totalen Systemausfall führte, finden Sie hier:
Total System Failure

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