Controlling als Startup – Ab wann, für wen, warum?
Als Gründer muss man unglaublich viele Aufgaben zugleich bearbeiten.
Man muss einen Businessplan schreiben, ein Geschäftsmodell ausarbeiten, Mitarbeiter auswählen, eine eigene Corporate Identity finden, rechtliche Rahmenbedingungen abklären und natürlich die ersten Kunden gewinnen. Gleichzeitig muss man alles tun, was nötig ist, und sich dabei möglichst nicht überarbeiten. Neben Marketingkonzepten und Rechnungen schreiben auch noch ein eigenes Controlling einrichten? Wofür und wozu? Das wollen wir hier klären.
Zahlen sind wichtig
Warum Zahlen so wichtig sind, erklären uns verschiedene Modelle der Betriebswirtschaft. Kernaussage: Nur was ich messen kann, kann ich aktiv steuern. Wenn man etwas messen kann, sollte es sich auch in Zahlen ausdrücken lassen. Und je mehr Zahlen man regelmäßig über das eigene Unternehmen sammelt, desto besser kennt man den Betrieb.
Das ist nicht nur für Gründer sinnvoll, um den Überblick in chaotischen Zeiten zu behalten, sondern auch dann, wenn Außenstehende sich das Unternehmen ansehen wollen. Bei diesen kann es sich neben Banken, dem Finanzamt und Investoren auch um potenzielle Kunden handeln, die sich vergewissern wollen, dass das Unternehmen seriös wirtschaftet. Man kann als Gründer noch so überzeugend auftreten, einige Menschen lassen sich nur durch harte Fakten überzeugen. In der Regel sind diese harten Fakten im Zahlenformat zu liefern und zu verifizieren.
Controlling schafft Flexibilität
Wer genau weiß, wo er steht, sieht am besten, wohin er will. Daher raten Gründungscoaches besonders Startups dazu, so viele Daten wie möglich über das eigene Unternehmen und die eigenen Kunden zu sammeln. Dabei ist man stets auf der Suche nach Zusammenhängen, die einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz bedeuten können. Conversion rate, customer lifetime value und cost per customer sind hierbei nur die Spitze des Eisbergs. Einige Investoren gehen sogar so weit, dass der erste zusätzliche Mitarbeiter, den sie ihren Startups empfehlen, ein Controller ist, der sich mit Jungunternehmen und dem jeweiligen Marktumfeld auskennt. Das zeigt den hohen Stellenwert, den dieser Unternehmensbereich bei „Insidern“ hat.
Worauf ein Startup achten sollte
Hier wird es spannend: Ein Jungunternehmen sollte tatsächlich bedeutend mehr Daten erheben, als ein alteingesessener Betrieb. Je länger eine Firma sich am Markt hält, desto besser weiß sie, welche Zahlen besonders wichtig für das eigene Marktumfeld sind und welche nicht. Daher haben lange bestehende Unternehmen einen wesentlich konzentrierteren Fokus auf weniger Daten als Jungunternehmen. Startups sollten versuchen, so viele Abläufe wie möglich in Zahlen messbar zu machen. Dabei sind Faktoren wichtig wie:
Wie viel Zeit vergeht nach der Bestellung eines Kunden, bis er seine Ware erhält?
Wie viel bestellt ein Kunde im Durchschnitt?
Wie stoßen die meisten Kunden zu unserem Angebot?
Natürlich müssen auch reine Online-Marketing-Kennzahlen gemessen werden:
Wie viele Besucher hat die Website?
Wie viel Zeit verbringen Besucher auf der Website?
Welche Felder klicken Besucher auf der Website an?
All diese Informationen sind für ein Startup enorm wertvoll, während ein Automobilkonzern einige zur Nebensache degradieren wird. Das liegt daran, dass viele Menschen einfach Spaß daran haben, auf den Seiten der Hersteller Autos zu konfigurieren. So kommen gerade Hersteller mit aufwändigen Konfiguratoren wie Mercedes-Benz, Audi und Porsche auf lange Verweilzeiten und viele Klicks. Der Anteil derer, die sich dann wirklich das konfigurierte Autos kaufen, ist allerdings zu vernachlässigen. Wesentlich interessanter für solche großen Unternehmen sind andere Faktoren:
Wie viel verdient man an einem Verkauf?
Welche Kosten verursacht eine Retoure?
Wie zufrieden sind die Mitarbeiter?
Diese Fragen sind sowohl für gestandene Konzerne, als auch für Startups gleichermaßen wichtig. Man muss erkennen, dass bei einem Jungunternehmen jede Information, die man nicht hat, diejenige sein kann, die den Betrieb beflügelt oder ertrinken lässt.
Wie teuer ist Controlling?
Hier kann man nur die allgemeingültige, juristisch korrekte Antwort geben: Es kommt darauf an. Einen geschulten und erfahrenen Controller einzustellen kann für viele Unternehmen gerade in einer frühen Phase zu teuer sein. Daher muss man Tools nutzen, die es ermöglichen, Aufgaben aus dem Controlling bestmöglich zu übernehmen, auch oder gerade wenn man keinerlei Erfahrung hat. Auf diese Weise bleiben die Kosten überschaubar und man erhält einen detaillierten, nachweisbaren Gesamteindruck über die Zahlen des eigenen Unternehmens. Um ein solches Programm nicht nur bedienen, sondern die Zahlen und Ergebnisse auch verstehen und interpretieren zu können, ist unternehmerisches Verständnis nötig. Aber auch ein grundlegendes Verständnis der Unternehmensfinanzen als Ganzes benötigt jeder Gründer. Hier sollten bei Bedarf entsprechende Fortbildungen eingeplant werden.
Eine zeitweise Alternative kann auch darin bestehen, konkrete Controllingaufgaben z.B. an den Externen Buchhalter oder Steuerberater des Unternehmens auszulagern. Auf Dauer sollten jedoch alle Unternehmen ihre Controllingdaten selbst erheben, analysieren und interpretieren können.
Wie sich Controlling konkret rechnen kann
Durch gutes Controlling ist sichergestellt, dass man das eigene Unternehmen kontrollieren kann. Etliche Startups sind ohne diese Kontrolle bereits in die „Erfolgsfalle“ getappt. Ein Betrieb macht Jahr für Jahr mehr Umsatz und Gewinn, hat immer mehr Nachfrage. Dann ist er plötzlich zahlungsunfähig und muss Insolvenz anmelden. Wie kann so etwas passieren?
Das Unternehmen hat buchstäblich nicht damit gerechnet, dass man für einen Verkauf oft in finanzielle Vorleistung gehen muss. Zunächst muss man Produkte produzieren, bevor man sie ausliefern und letztendlich abkassieren kann. Einige Kunden geraten noch in Zahlungsverzug, man überzieht also Firmenkonten und das Negativgeschäft ist perfekt. Werden auf einmal besonders viele Produkte nachgefragt, muss man erst einmal sehr viel Geld ausgeben. Hat man dieses Geld nicht, ist man insolvent. Diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn Unternehmen ihren gesamten Bestellprozess automatisieren, inklusive Auswirkungen auf Produktionsstätten und Logistikstandorte. Hier kann gutes Controlling greifen und vorbeugen. Man kann rechtzeitig die Annahme neuer Bestellungen stoppen oder vorsorgen, indem man ab einer bestimmten Auslastung nur noch gegen Vorkasse produziert. Auch eine Preiserhöhung ab einer bestimmten Nachfragekapazität ist möglich. Der Fall eines marktführenden Automobilzulieferers aus dem Jahr 2010 zeigt, dass nicht nur Startups von einer solchen Erfolgsfalle bedroht sind. Der Bericht ist hier zu lesen.
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