Automotive-Studie: Amerikanische Händler unter Druck
Die Gewinne der amerikanischen Autohändler haben sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt – und das in einer Branche, die noch vor vier Jahren von zahlreichen Insolvenzen erschüttert wurde. Dank der aktuellen Erholung ist der Automobilhandel sicherlich wieder attraktiv; doch in ihrer Studie "Rethink automotive retail networks – the next challenge for the US auto industry" bezweifeln die Roland Berger-Experten, dass diese Erholung auf einem soliden Fundament basiert.
Die Gewinne der amerikanischen Autohändler haben sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt – und das in einer Branche, die noch vor vier Jahren von zahlreichen Insolvenzen erschüttert wurde. Dank der aktuellen Erholung ist der Automobilhandel sicherlich wieder attraktiv; doch in ihrer Studie "Rethink automotive retail networks – the next challenge for the US auto industry" bezweifeln die Roland Berger-Experten, dass diese Erholung auf einem soliden Fundament basiert.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Roland Berger-Studie: Die Profite der Autohändler haben sich nach der Wirtschaftskrise erholt – 2013 erzielten sie Durchschnittsgewinne von 2,2 Prozent
- Margen werden aber bald wieder unter Druck geraten; Umsatzrendite der Händler wird bis 2020 voraussichtlich um 64 Prozent nachgeben
- Vertriebsnetz der Autohersteller in den USA steht stark unter Druck: 3.800 Niederlassungen und etwa 200.000 Arbeitsplätze sind gefährdet
- OEMs sollten ihre Vertriebsstrategie überdenken, um das finanzielle Überleben ihrer Partner zu sichern
"Wir glauben, dass die aktuelle Lage nicht so positiv ist, wie sich viele vorstellen", sagt Thomas F. Wendt, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. "Denn aus unserer Sicht ist die Konsolidierungswelle bei den amerikanischen Automobilhändlern noch nicht abgeschlossen. Und das ist erst der Anfang eines notwendigen Wandels, der Händler zu guten Margen und Automobilhersteller zu neuen Vertriebsstrategien führen wird."
Händlermargen unter Druck
In ihrer neuen Studie schätzen die Roland Berger-Experten, dass im US-Händlernetz bis 2020 voraussichtlich rund 3.800 Niederlassungen (22%) geschlossen werden könnten, um die Gewinnmargen der Branche auf dem aktuellen Niveau zu halten. Dadurch könnten ca. 200.000 Arbeitsplätze entfallen, sollte die Branche nicht wirksam gegensteuern. Amerikanische OEMs sollten daher die Chance nutzen, ihre Geschäftsstrukturen zu überprüfen und ihre Händlernetze neu auszurichten.
"Wir erwarten, dass die Händlermargen bald wieder unter Druck geraten werden", erklärt Berger-Experte Brandon R. Boyle. "Zwar erholen sich die Absatzzahlen im Vertrieb derzeit schnell, aber das Geschäft ist nicht mehr so profitabel wie früher. Denn wir erleben gerade eine deutliche Wende hin zu kleineren und weniger profitablen Automodellen. Aufgrund der steigenden Konkurrenz der freien Werkstätten wird es außerdem immer schwieriger, Umsatz mit Service und After Sales-Dienstleistungen zu erzielen."
Kunden haben hohe Erwartungen
Hinzu kommt: Die starke Verbreitung des Internets führt dazu, dass Autokäufer umfassende Produktkenntnisse und einen guten Überblick über die Preise besitzen. So informieren sich die Kunden heute meistens online, anstatt verschiedene Händler vor Ort aufzusuchen. Ihre Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen und ihre Erwartungen an das Einkaufserlebnis nehmen von Tag zu Tag zu.
"Diese schnellen Marktveränderungen werden die Vertriebsmargen zusätzlich unter Druck setzen und den kleineren Händlern das Überleben erschweren", prognostiziert Berger-Stratege Wendt. "Dadurch wird eine weitere Konsolidierungswelle in der Automobilindustrie entstehen: Nur tragfähige Händlernetze werden sich dann durchsetzen."
Vertriebsnetze sollten überprüft werden
Auf diese Problematik reagieren Automobilhersteller mit unterschiedlichen Maßnahmen; doch bislang haben die meisten OEMs den Wandel in der Automobillandschaft noch nicht als Chance begriffen, um ihre Händlernetze zu transformieren. "Die Automobilhersteller stecken in veralteten Strukturen fest und konzentrieren sich lediglich darauf, mehr Geschäft zu generieren – dabei ist ihr Geschäftsmodell inzwischen obsolet geworden", sagt Berger-Experte Boyle. "Sie ergreifen nur selten deutliche Maßnahmen, weil sie sich vor den Risiken und den Kosten solcher Veränderungen fürchten."
Doch genau jetzt sollten Automobilhersteller ihre Vertriebsstrategie überdenken und ihre Vertriebsaktivitäten restrukturieren, um das finanzielle Überleben ihrer Partner sicherzustellen. "Mit neuen Strukturen können OEMs die nächste Konsolidierungswelle anstoßen und so die besten Partner für ihre Marke gewinnen", meint Wendt. Die komplexen Franchise-Gesetze in den USA stellen dieses Vorhaben allerdings vor große Herausforderungen. Deshalb sind eine klare Strategie und Planung notwendig. Wer diesen Schritt zuerst wagt, sichert sich Vorteile im Wettbewerb, zum Beispiel wenn es darum geht, neue Wachstumspartner zu gewinnen, um ein tragfähiges Vertriebsnetz zu finanzieren.
Würde jede Händlergruppe ein zusätzliches Stand-Alone-Franchise erwerben, so müssten sie nur 5 Prozent ihrer Filialen schließen, um die aktuelle Marge von 2,2 Prozent aufrechtzuerhalten. Damit ließen sich ca. 3.000 Niederlassungen und 85.000 Arbeitsplätze erhalten. Denn Händlergruppen können Synergien erzielen, wenn sie die Konsolidierung ihres Filialnetzes abschließen und die Finanz- und Organisationsstruktur aller ihrer Niederlassungen optimieren. Dadurch lassen sich rund 12 Prozent der durchschnittlichen Händlerausgaben einsparen. Veränderungen, die aus Sicht der Roland Berger-Experten notwendig sind, um ein gesundes und zukunftsfähiges Händlernetz in den USA zu schaffen.
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