Die vier R der Transformation

Veröffentlicht am 15. April 2012
Geschrieben von Oliver Recklies

Der Begriff

Eine Unternehmenstransformation im Sinne einer Business Transformation kann beschrieben werden als die aufeinander abgestimmte Umgestaltung der genetischen Architektur eines Unternehmens, die gleichzeitig – wenn auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten – in 4 verschiedenen Dimensionen erfolgt. Die Business Transformation stellt eine entscheidende Wende in den Beziehungen des Unternehmens zu Einzelpersonen und zur Gesellschaft dar. In diesem Prozess muss das Unternehmen all seine Beziehungen zur Umwelt neu definieren.

Eines der bekanntesten Modelle zur Business Transformation ist „Die vier R der Transformation" von Gouillart und Kelly (1995). Die vier R stellen dabei die Ansatzpunkte der Transformation dar:

Die 4 R der Transformation

Die vier R

Reframing (Einstellungsveränderung) ist die Änderung des Selbstbildes des Unternehmens und der Vorstellung von seinen eigenen Möglichkeiten. Das Reframing zielt auf das Bewusstsein des Unternehmens ab, da Unternehmen die Eigenschaft haben, bestimmten Denkmustern verhaftet zu bleiben und somit Entwicklungsmöglichkeiten verhindern bzw. negieren. Reframing in der Transformation erweitert das Bewusstsein des Unternehmens und erzeugt neue Visionen und neue Entschlusskraft.

Restructuring (Restrukturierung) verändert das Unternehmen, damit es ein marktfähiges Leistungsniveau erreicht. Es konzentriert sich dabei auf den „Körper" des Unternehmens um Wettbewerbsfähigkeit zu erzielen. Restructuring ist der Bereich, der am schnellsten Ergebnisse liefern kann, aber am schwierigsten umzusetzen ist. Entlassungen und damit einhergehende Probleme (Motivationsabfall) sind i.d.R. unvermeidbare Begleiterscheinungen. Durch die schnellen Ergebnisse zufriedengestellt, machen viele Unternehmen den Fehler und hören bei der Restrukturierung auf. Dem gegenüber steht die (bessere) Möglichkeit, die Gewinne in langfristigere Transformationsprogramme zu investieren.

Revitalising (Revitalisierung) soll ein Wachstum erzielen, indem das Unternehmen neue oder veränderte Verbindungen mit der Umwelt eingeht. Dabei sollen auch Quellen für ein weiteres Wachstum erschlossen werden. Unter den vier R kommt der Revitalisierung die höchste Bedeutung zu, wenn es darum geht, Transformation von bloßer Sanierung abzugrenzen.

Renewing (Erneuerung) hat mit dem menschlichen Aspekt der Transformation zu tun. Mitarbeiter sollen dabei neue Fertigkeiten und Fähigkeiten erwerben können und neu motiviert werden, damit das Unternehmen sich insgesamt regenerieren kann. Dies hat weitere positive Aspekte für den Transformationsprozess, da die Verbreitung von Wissen als auch die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an Umweltveränderungen gefördert werden.

Die 3 Reframing-Systeme

Mobilisierung erreichen. Hintergrund der Mobilisierung ist die Aufbringung der für den Transformationsprozess notwendigen Energien. Dabei müssen Motivation und Engagement erst bei dem einzelnen Mitarbeiter gefördert werden, um diesen Prozess dann auf das Team und letztendlich auf die gesamte Organisation auszudehnen.  Beispiel dafür war der Work-out-Prozess bei General Electric von Jack Welch.

Vision entwerfen. Durch die Mobilisierung wird in einem Unternehmen eine Art „Kraftvorrat" geschaffen. Die entworfene Vision bietet einen gemeinsamen geistigen Rahmen für diese Zukunft. Diese Vision muss herausfordernd sein, ein markanter Schritt weg von der vorhandenen Realität. (Beispiel: Ted Turners Vision eines globalen Nachrichtennetzwerkes, die er mit CNN verwirklichte.)

Ziel und Messgrößen verankern. Da das Unternehmen nun mobilisiert und mit einer herausfordernden Vision ausgestattet ist, müssen die Führungskräfte die Vision in ein System von Messgrößen und Zielvorgaben umsetzen. Dabei sind die Maßnahmen zu definieren, die notwendig sind, die Ziele zu erreichen. Das System aus Ziel- und Messgrößen ist die Grundlage einer Selbstverpflichtung der Mitarbeiter.


Die 3 Restructuring-Systeme

Aufbau des wertschöpfungsorientierten Geschäftsmodells. Voraussetzung zum Aufbau eines solchen Modells ist, dass das Unternehmen vollständig nach finanziellen Kriterien „auseinander genommen" wird. Diese Analyse umfasst Überlegungen zum Shareholder Value bis zur Prozesskostenrechnung und zur Wertanalyse interner Dienstleistungen. Das Unternehmen und das Management verschafft sich dabei eine detaillierte Übersicht, wo und wie im Unternehmen Werte erschaffen oder ggf. vernichtet werden.

Infrastruktur ausrichten. Die Ausrichtung der Infrastruktur eines Unternehmens ist einer der sichtbarsten und aufschlussreichsten Indikatoren für den Gesamtzustand und die strategische Ausrichtung.

Prozesse umgestalten. Im Unternehmen wird die Arbeit über ein komplexes Netzwerk von Prozessen erledigt. Dabei müssen die Arbeitsprozesse aufgrund der vorhergehend vorgenommenen Änderungen neu angeordnet und ausgerichtet werden. Bei einer optimalen Abstimmung durch ein integriertes System von Zielen und Leistungsvorgaben kann die Wertschöpfungskette derart reibungslos funktionieren, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Prozessen zu verschwinden scheinen.

Die 3 Revitalizing-Systeme

Kundenfokussierung erreichen. Die bis dahin erfolgte Revitalisierung bringt das Potential für Wachstum mit. Die Fokussierung auf den Kunden ist ein guter Ausgangspunkt für das Wachstum des Unternehmens, denn die Befriedigung von Kundenbedürfnissen – teilweise latenten Wünschen der Kunden  – ermöglicht das Wachstum.

Neue Geschäftsfelder entwickeln. Durch den Aufbau völlig neuer Geschäftsfelder kann ebenfalls Wachstum erreicht werden. Die Entwicklung neuer Geschäftsfelder erfordert die innovative Verbindung von Fähigkeiten und Ressourcen, die oft im Unternehmen sich an vielen Stellen verstreut befinden. In einigen Fällen kann es notwendig sein, sich durch Allianzen, Partnerschaften, Fusionen und Firmenübernahmen die Kapazitäten und Ressourcen anderer Unternehmen zu erschließen.

Entwicklungsschübe durch den Einsatz von Technologie erzielen. Der Einsatz von Technologie kann oft die Grundlage für neue Formen und Ausgangssituationen des Wettbewerbs sein. Gerade der Einsatz von IT, Biotechnologie und Internet-Anwendungen kann die in einer Branche bestehenden Spielregeln entscheidend verändern (You have to change the rules of the game!)

Die 3 Renewing-Systeme

Anreizsystem schaffen. Belohnungen der Mitarbeiter sind nicht die einzigen Möglichkeiten zur Motivation, aber dennoch sehr wirksam. Die Belohnungen müssen dabei zu den Unternehmenszielen passen, anderenfalls können sie demotivierend wirken. Das optimale Motivationssystem (welches auch mit dem Entlohnungssystem gekoppelt sein kann), muss risikobereite Mitarbeiter fördern und jeden ermutigen, seine Zukunft mit der Transformation des Unternehmens zu verknüpfen. Das Anreizsystem ist entscheidend für die innere Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Individuelles Lernen forcieren. Unternehmenstransformation ist immer verbunden mit der Transformation der Mitarbeiter. Die Unternehmen sollten sich in diesem Prozess zur Entwicklung der Mitarbeiter bekennen und dabei Anreize zur beruflichen Weiterbildung schaffen und wechselseitige Lernprozesse unterstützen (siehe auch Lernende Organisation).

Organisation erneuern. Das Unternehmen muss ständig bereit sein zu lernen, um sich den dynamischen Umweltbedingungen anzupassen. Die ständige Weiterentwicklung der Organisation verstärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter aufgrund der gemeinsam erzielten Erfahrungen.

© Oliver Recklies, Januar 2001

Artikel zum Download (pdf, 14 kb)

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Literaturtipps

Business Transformation - Die besten Konzepte für Ihr Unternehmen von Francis J. Gouillart und James N. Kelly

Lean Transformation - How to change your business into a lean enterprise von Bruce A. Henderson, Jorge L. Larco and Stephen H. Martin

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