Neue Studie zu vernetzten Diensten im Auto

Veröffentlicht am 05. April 2013
Geschrieben von Oliver Wyman GmbH

Die Automobilindustrie steht kurz vor dem Durchbruch, vernetzte Services rund um das Fahrzeug zu etablieren. Erste Angebote sind bereits auf dem Markt. Sie werden sich in den nächsten Jahren vervielfachen. Die verschiedenen Dienste und Inhalte zu bündeln, zu betreiben und den Kunden über Abo-Modelle für sich zu gewinnen, ist eine enorme Herausforderung für alle Autobauer.

Die Automobilindustrie steht kurz vor dem Durchbruch, vernetzte Services rund um das Fahrzeug zu etablieren. Erste Angebote sind bereits auf dem Markt. Sie werden sich in den nächsten Jahren vervielfachen. Die verschiedenen Dienste und Inhalte zu bündeln, zu betreiben und den Kunden über Abo-Modelle für sich zu gewinnen, ist eine enorme Herausforderung für alle Autobauer.

Am lukrativen Connected-Service-Geschäft der Zukunft entscheidend partizipieren zu können setzt voraus, sich auf die Kernkompetenzen zu besinnen und den Fokus auf die Services mit realistischem Business Case zu legen. Für die Premium-OEMs bedeutet das, ihrer Vorreiterrolle als Systemintegrator auch auf der neuen Ebene der Serviceintegration gerecht zu werden, vor allem bei Fahrzeugsicherheit und After Sales zu überzeugen und für Commodity-Datendienste schnell die richtigen Zulieferer zu finden oder Kooperationen einzugehen. Volumenhersteller wiederum sind auf den Schulterschluss mit starken Service- und Plattformanbietern angewiesen und müssen lernen, die Zusammenarbeit bei der Servicebündelung zu orchestrieren. Gegenspieler beim Werben um die Gunst des Kunden sind insbesondere die After-Market-Player, die mit günstigen und pragmatischen Lösungen zunehmend punkten. Dies sind Ergebnisse der neuen Oliver Wyman-Studie „Connected Services: Die neuen Chancen der Fahrzeugvernetzung".

Fahrzeugvernetzung nimmt rasant Fahrt auf. Marktanalysten zufolge beträgt die Penetrationsrate von vernetzten Diensten in Neuwagen bis zum Jahr 2016 weltweit rund 50 Prozent. In Japan, Nordamerika und Westeuropa wird sie sich in den nächsten 15 bis 20 Jahren sogar auf nahezu 100 Prozent entwickeln. Zugleich ist die Weiterentwicklung in vollem Gange. Proprietäre Telematiksysteme mit Einzeldiensten gehören der Vergangenheit an und haben Platz gemacht für konvergente, komplexe und zunehmend offene Systeme. Längst geht es auch nicht mehr darum, das Internet ins Fahrzeug zu bringen, sondern vielmehr das Fahrzeug ins Internet.

 

Bündelung von Connected Services lukratives Unterfangen
In seiner aktuellen Studie hat Oliver Wyman sieben Service-Geschäftsfelder identifiziert, die mittelfristig das Fahrzeug erobern werden und deren Betrieb als Gesamtpaket ein Milliardengeschäft verspricht. Im Einzelnen handelt es sich um die Themen Sicherheit und Fernwartung, Flottenmanagement, Mobilität, Navigation, Infotainment, Versicherungen sowie Bezahlsysteme.

Notfall- und Sicherheitsdienste werden ebenso wie Ferndiagnose und Kundendienstleistungen, zum Beispiel Wartungsanzeigen oder automatische Werkstattanbindung, in den nächsten Jahren von starkem Wachstum geprägt sein – nicht zuletzt getrieben durch den ab 2015 vorgeschriebenen Einbau des eCall-Systems in allen in der EU verkauften Neufahrzeugen. Allein in Europa beläuft sich das Marktpotenzial auf etwa 16 Millionen Stück pro Jahr. Flottenmanagementsysteme sind bereits im Einsatz. Sie werden systematisch in den Massenmarkt und in Standardplattformen fließen, werden mit jeder neuen Fahrzeuggeneration preisgünstiger und auch in kleineren Flotten Einzug halten. Mit einer geschätzten volumenmäßigen Zunahme von jährlich 20 Prozent kommen sie 2016 auf 5,7 Millionen Stück.

Gezielte Positionierung mit den richtigen Diensten
Für Mobilitäts- und Infotainmentdienste hat sich durch das vernetzte Fahrzeug ein neuer Vertriebskanal eröffnet. Der wachsende Anspruch der Kunden, über das Telematiksystem auch im Auto immer online zu sein und intermodale Funktionalität zur Verfügung zu haben oder in Form von Car-Sharing Fahrzeuge zu nutzen statt zu besitzen, schafft hohes Wachstumspotenzial. Noch allerdings ist die Bereitschaft der Nutzer gering, für die angebotenen Dienste zu bezahlen.

Navigationsdienste wiederum werden sich evolutionär weiterentwickeln, während mobile Bezahlsysteme noch ganz am Anfang stehen und erst langsam an Dynamik gewinnen. Es gilt, die Akzeptanz sowohl der Nutzer als auch der Geschäftspartner zu erhöhen. Für die Versicherungsbranche ergeben sich je nach Region neue Möglichkeiten in der Produktentwicklung sowie im Kunden- und Unfallmanagement. „Es zeichnet sich ab, dass es für OEMs, Zulieferer und After-Market-Player rund um vernetzte Fahrzeugservices künftig sieben Felder geben wird, Geld zu verdienen", betont Juergen Reiner, Partner bei Oliver Wyman und Autor der Studie. „Gute Chancen hat, wer sich auf seine Kernkompetenzen konzentriert, sich gleichzeitig mit den richtigen Diensten gezielt positioniert und in der Folge ein attraktives Gesamtpaket schnürt."


Auf die eigenen Stärken konzentrieren
Trumpf aller Automobilhersteller sind ihre bestehenden Kunden und ihre Fahrzeuge. Künftig ist es für die Premium-OEMs die vorrangige Aufgabe, ihre Innovations- und Integrationshoheit zu bewahren und sich vom System- zum Serviceintegrator weiterzuentwickeln. Dies bedeutet, inhaltliche Hoheit zu erlangen und die unterschiedlichsten Services im Auto zu bündeln und zu betreiben. Dabei ist eine Vielzahl richtiger Entscheidungen zu treffen, beispielsweise hinsichtlich Plattform, Standards, Content oder Dienste. Dies birgt Risiken. Allein auf die falsche Smartphone-Anbindung zu setzen, kann sich negativ auswirken.

Das Gebot der Stunde für Audi, BMW, Mercedes und VW ist es, sich im Servicebereich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, sprich: den Fokus auf fahrzeugnahe Dienste wie Sicherheit und After-Sales-Services zu legen. Gerade die automatische Werkstattzuführung schafft enormen Mehrwert, da so Fahrzeug und Marge abgesichert werden können. Wenig Sinn macht es für Premiumanbieter, sich in Eigenregie um Wetter- oder Navigationsdaten oder das Musikstreaming zu kümmern. Hier gilt es, zeitnah die richtigen Partner zu finden oder bestehende Allianzen auszubauen. Daimler und die Telekom haben beispielsweise gerade angekündigt, fortan bei Onlinediensten und Web-Applikationen im Auto zu kooperieren. Dazu gehören Echtzeit-Verkehrsinformationen, Mobilitätsangebote, Personal- Radio und der Zugriff auf soziale Netzwerke.

Zusammenarbeit orchestrieren
Für Volumenhersteller stellt sich die Aufgabe, weiterhin qualitativ gute Fahrzeuge zu bauen und sich Systemintegratoren an die Seite zu holen, um mit diesen gemeinsam das Service- Gesamtpaket zu schnüren. Dafür heißt es die besten Partner und neue Geschäftsmodelle zu finden. So haben sich beispielsweise Renault und der französische IT-Dienstleister Atos zusammengetan und bieten im Rahmen einer strategischen Partnerschaft vernetzte Fahrzeugdienste an. Renault nutzt die IT-Infrastruktur von Atos, die unterschiedlichste Diensteanbieter einbindet und auch über einen App Store sowie eine Bezahlfunktion verfügt, und vergütet dies transaktionsbezogen.

Bewegung bei After-Market-Playern
Doch nicht nur Premium-OEMs und Volumenhersteller positionieren sich verstärkt im Markt der integrierten Fahrzeugdienste. Auch die After-Market-Player sind laut aktueller Oliver Wyman-Studie in Bewegung, um mehr Kontrolle über das Fahrzeug zu erlangen. So hat Apple mit seinem Sprachsteuerungssystem Siri bei acht internationalen Autobauern angedockt – darunter Audi, BMW und Daimler. Aha Radio paktiert mit seinen erfolgreichen Cloud-basierten Diensten ebenfalls mit mehreren OEMs, unter anderem mit Chrysler, Ford und Porsche. Ziel ist es, auf vorinstallierten Infotainmentplattformen personalisierte Internetinhalte im Fahrzeug anzubieten. Die Herausforderungen sind auch für die After- Market-Player enorm. So ist Geräteanbieter TomTom durch den Rückgang seines Hardwaregeschäfts unter Druck geraten. Das Unternehmen muss sich nun entscheiden, über Partnerschaften mit Volumenherstellern zum Systemanbieter zu werden oder ein entsprechendes Serviceangebot als Nachrüstlösung für jedes Fahrzeug zu schaffen.

 

Neue Umsatzmodelle
Der Betrieb von vernetzten Diensten im Auto wird neue Vergütungsmodelle erforderlich machen. Derzeit werden dem Endverbraucher viele Dienste unentgeldlich angeboten, um an die wertvollen Nutzerdaten zu gelangen. WAZE, Anbieter von kostenlosen sozialen GPS-und Verkehrsdiensten, hat nun begonnen, Werbeplattformen einzuführen und B2B-Aktivitäten zu unterstützen. Auch Google und eBay verbinden kostenlose, ortsgebundene Suchdienste mit Werbe-, Einkaufs- und Handelsservices.

Künftig aber wird auch am Kunden verdient. Mithilfe von Abo-Modellen lassen sich mit den richtig geschnürten Servicepaketen einträgliche Geschäfte machen. Oliver Wyman- Berechnungen zufolge ist der vernetzte Kunde im Jahr mehrere Hundert Euro wert. Ein internetaffiner Fahrer eines Premiumfahrzeugs beispielsweise kann bis zu 500 Euro pro Jahr für Connected Services mobilisieren – in Form von direkter Bezahlung, durch Übertragung seiner persönlichen Bewegungsdaten oder aufgrund veränderten Konsumverhaltens und Umlenken seiner Ausgaben hin zum OEM, zum Beispiel durch automatische Werkstattzuführung. Bereits heute sind Millionen von Kunden bereit, rund 100 Euro im Jahr allein für Internet-Musikstreaming auszugeben. Dies wird sich rasch aufs Auto-Infotainment ausweiten. Weitere relevante Wertquellen sind Provisionen für vermittelte Dienste, Werbung oder Listing Fees. Zusatzpotenzial bieten After-Sales-Loyalisierung und neue Geschäftsmodelle für Versicherungen wie „Pay as you drive" oder „Pay how you drive". „Gerade für Premium-OEMs ist der Benefit enorm", betont Matthias Bentenrieder, Partner bei Oliver Wyman und Autor der Studie. „Sie haben das Auto und die Kompetenz als Systemintegrator. Nun gilt es, Gas zu geben, die erforderlichen Lernkurven zu durchlaufen und das Servicebündel an den Kunden zu bringen."

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