Auswirkungen von Chinas Automarkt auf die europäische Automobilindustrie

Veröffentlicht am 09. Mai 2012
Geschrieben von Roland Berger (AT)

Das Reich der Mitte hat sich zu einem der wichtigsten Absatzmärkte für europäische Automobilhersteller entwickelt und die Hausse hält weiter an. Allerdings geraten die mitteleuropäischen Hersteller seitens chinesischer Anbieter (SAIC, Changan, Geely-Volvo etc.) immer mehr unter Druck. Die richtige Strategie wird entscheiden, ob und wie sehr sich die Hersteller und der Zulieferbetrieb aus Mitteleuropa in China positionieren und durchsetzen können. Dass sich der chinesische Markt als fragmentiert erweist, stellt die Europäer vor zusätzliche Herausforderungen. 

Das Reich der Mitte hat sich zu einem der wichtigsten Absatzmärkte für europäische Automobilhersteller entwickelt und die Hausse hält weiter an. Allerdings geraten die mitteleuropäischen Hersteller seitens chinesischer Anbieter (SAIC, Changan, Geely-Volvo etc.) immer mehr unter Druck. Die richtige Strategie wird entscheiden, ob und wie sehr sich die Hersteller und der Zulieferbetrieb aus Mitteleuropa in China positionieren und durchsetzen können. Dass sich der chinesische Markt als fragmentiert erweist, stellt die Europäer vor zusätzliche Herausforderungen. 

Chinas Fünfjahresplan mit ambitionierten Zielen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz bietet aber zahlreiche Chancen für das europäische Hybrid- und Elektro-Know-how. Das geht aus der Studie "Impact of China on Central European Automotive Industry" von Roland Berger Strategy Consultants hervor, die anlässlich der bevorstehenden "2012 Beijing International Automotive Exhibition" erschienen ist.

 "Nach wie vor stehen die Zeichen in China auf Wachstum – und das überproportional. Der chinesische PKW-Markt wird 2018 doppelt so groß sein wie der US-amerikanische oder der westeuropäische", so Rupert Petry, Studienautor und Managing Partner im Wiener Büro von Roland Berger. In Zahlen bedeutet das ein jährliches Plus von rund acht Prozent auf 33 Millionen PKW. Die europäischen Automobilhersteller haben bis dato große Marktanteile errungen: "VW lukriert mittlerweile knapp 30 Prozent seines Umsatzes in China. Auf der anderen Seite haben wir mit SAIC, Changan, Geely-Volvo, Chery und Dongfeng schon jetzt fünf chinesische Hersteller unter den Top 20 der weltweiten Automobilhersteller – Tendenz steigend."

Die richtige Chinastrategie
Der chinesische Automarkt gestaltet sich von Region zu Region sehr unterschiedlich: Die Ostküste wird vom Premium-Segment dominiert und ist damit ein guter Absatzmarkt insbesondere für deutsche Hersteller. Den Westen und das Landesinnere prägen kleinere Fahrzeuge und die Kompaktklasse. "Das generell steigende Einkommen kurbelt im ganzen Land die Nachfrage nach PKW an. Upgrades bei der Ausstattung sind sehr gefragt, vor allem im Infotainment-Bereich", so Petry.

Für die mitteleuropäischen Hersteller und Zulieferer ist die strategische Chinapositionierung in den kommenden Jahren von großer Bedeutung. Im Speziellen geht es um den Aufbau weiterer Produktionskapazitäten. "Wir rechnen nicht mit einer Verlagerungswelle weg von Mittel- und Osteuropa, sondern mit dem Aufbau zusätzlicher Kapazitäten. Dieser hängt natürlich von den lokalen Vorgaben und rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Die Europäer müssen eigens für den chinesischen Markt entwickelte Modelle anbieten, und zwar in allen Segmenten", meint Petry. Ein gutes Beispiel für eine konsequente Chinastrategie bietet General Motors (GM) mit einer unabhängigen Landesorganisation vor Ort – inklusive Forschung & Entwicklung (F&E) und einer "GM University".


 

Zulieferer sind gefragt
Zunehmend erwarten europäische Hersteller, dass die Zulieferindustrie sie mit nach China begleitet – das betrifft auch österreichische und mitteleuropäische Unternehmen. Denn der Zugang zu den immer wichtiger werdenden chinesischen Zulieferern ist aus dem Ausland nicht möglich. Immer mehr europäische oder amerikanische Zulieferer (z.B. Bosch und Magna) sind deshalb bereits mit F&E-Zentren in Asien vertreten.

Aber auch zentraleuropäische Hersteller sind vor Ort aktiv. Joint Ventures mit lokalen Herstellern nehmen zu, vor allem bei Nutzfahrzeugen. "Hier sind Mercedes und MAN strategische Partnerschaften eingegangen. Auf chinesischer Seite verspricht man sich dadurch Fortschritte in puncto Design und Reduzierung von Emissionen sowie allgemein das Erreichen europäischer Standards", erklärt Petry.

China braucht dringend Know-how
In den kommenden fünf Jahren werden chinesische Automobilhersteller nur zögerlich und punktuell in den europäischen Markt eintreten. "Das liegt an der fehlenden technologischen Reife. Zusätzlich ist man mit dem Wachstum vor der eigenen Haustür stark gefordert. Somit lässt sich der Aufbau von Produktionsstätten und Vertriebsstrukturen in Europa nur schwer finanzieren. Wir erwarten daher keine Investitionswelle aus China in Mittel- und Osteuropa", so Petry. Bis 2018 werden chinesische Hersteller in Europa einen Marktanteil von nicht einmal 1 Prozent erreichen. Die Expansion hat aber begonnen: Greatwall, Chery und FAW haben bereits Niederlassungen in Südamerika, Afrika, CEE und Südostasien.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den chinesischen Zulieferbetrieben ab. Sie tätigen nur vereinzelt Investitionen in Europa, meist um Technologien einzukaufen. "Längerfristig sind Investitionen in Mitteleuropa aber möglich, vor allem auf dem Montagesektor. Hier genießt CEE einen sehr guten Ruf – auch in Asien", meint Petry.

Chancen für Hersteller und Zulieferbetriebe
Der chinesische Automarkt präsentiert sich mit 14 Anbietern inhomogen; aufgrund des starken Wachstums in den vergangenen zwei Jahren konsolidiert er sich derzeit. Hinzu kommt die Verflechtung der chinesischen Regierung mit zahlreichen Herstellern. Im aktuellen Fünfjahresplan (2011-2015) haben die Behörden zusätzliche Regulierungen integriert, die lokale Hersteller bevorzugen. Europäische Hersteller können künftig aber punkten: "Im Sinne der Energieeffizienz will man den Spritverbrauch in den kommenden Jahren um ein Fünftel reduzieren – mit Hybrid-Autos und auch Elektrofahrzeugen. Hier haben die mitteleuropäischen Hersteller mit ihrem Know-how einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber den chinesischen Mitbewerbern. Das ist auch eine wesentliche Wachstumschance für österreichische Zulieferer", so Petry. Denn China verfolgt ein ambitioniertes Ziel: Laut Fünfjahresplan soll der CO2-Ausstoß bis 2015 um bis zu 30 Prozent reduziert werden.

Download der Studie
Die Zusammenfassung der Studie "Impact of China on Central European Automotive Industry" können Sie hier als pdf-Datei herunterladen.

 

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