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Herausforderungen im modernen Veränderungsmanagement

Veröffentlicht am 23. Juli 2015
Geschrieben von Dr. Oliver Recklies

Das war doch schon immer so!" Und so soll es am besten auch zukünftig bleiben, denn Menschen haben Furcht – Furcht vor Veränderung. Ganz drastisch formulierte es vor kurzem der Vorstand eines anderen Kreditinstitutes: "Die Mitarbeiter wünschen sich nicht die Entwicklung in der Bankenwelt, welche sie erwarten".

Die Gene und die Biostruktur sind an vielem Schuld, wahrscheinlich auch an unserem Bedürfnis nach Stabilität, Sicherheit und Geborgenheit. Selbst Psychologen halten Sicherheit für das zweitstärkste Bedürfnis des Menschen – gleich nach dem Sattsein. Jede Veränderung stellt per se eine Gefährdung der Erfüllung dieses Bedürfnisses dar. Soweit zum menschlich nachvollziehbaren Aspekt im Umgang mit Veränderungen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass Unternehmen nicht im luftleeren Wirtschaftsraum agieren, sondern in einer Vielzahl von Verbindungen und Interaktionen zu ihrer Umwelt (Konkurrenz, Kunden, Eigentümer, Staat) stehen. Durch diese wird ein Veränderungsmechanismus in Gang gesetzt, der vom Unternehmen selbst nicht gestoppt werden kann und dessen positive Aspekte (neue Marktchancen – z. B. durch die Diskussionen zum Leistungsumfang der Sozialversicherungssysteme) genutzt werden müssen. Die Kunst besteht nun darin, diese beiden Positionen "unter einen Hut zu bringen". Nicht umsonst spricht man in diesem Zusammenhang vom VeränderungsMANAGEMENT oder auch Change Management.

Die Herausforderungen

Wo liegen nun die Herausforderungen an das moderne Veränderungsmanagement? Oft ist zu lesen, dass die Dynamik der Märkte der entscheidende Faktor sei. Diese Dynamik sei heute höher als früher und maßgeblich für den wirtschaftlichen Anpassungsdruck verantwortlich. Wer so argumentiert, springt deutlich zu kurz. Zweifelsfrei ist die Dynamik der Veränderungen in der Unternehmensumwelt ein entscheidender Treiber für den Veränderungszwang. Allerdings bringt ein Blick in die Geschäftsberichte von Unternehmen der letzten 20 Jahre auch eines hervor: Die Dynamik der Märkte war schon immer ein ständiger Begleiter. Seit Jahrzehnten sind die Unternehmen und ihre Mitarbeiter mit dieser Dynamik konfrontiert. 

 

Tatsächlich liegen die heutigen Herausforderungen in der bestehenden Gesamtkomplexität von Entscheidungssituationen. Diese gab es in dieser Form noch nicht und beeinflusst erheblich die Art und Weise, wie heute in einem Unternehmen betriebswirtschaftliche Fragestellungen gelöst werden müssen. Diese Komplexität der Entscheidungssituationen besteht dabei aus 5 Kernelementen, die nachstehend erläutert werden sollen:

  • Kompliziertheit
  • Differenziertheit
  • Vernetztheit
  • Dynamik
  • Intransparenz

Kompliziertheit bedeutet, dass eine Vielzahl von Merkmalen zu beachten ist. Wo früher einfache Ertragsvergleiche den aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügten, werden heute risikoadjustierte Kennzahlen zur Steuerung eingesetzt. Ein modernes Rating von Unternehmenskunden umfasst nicht nur eine betriebswirtschaftliche Auswertung von Kennziffern, sondern auch detaillierte Aussagen über die strategische Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Die steuerlichen Regelungen zur Ermittlung des zu versteuernden Gewinns können sich im Laufe eines Geschäftsjahres mehrfach – ggf. sogar rückwirkend - ändern. Die Eigenanteile der Menschen zur Absicherung der Gesundheit verändern sich. Diese Aufzählung lässt sich beliebig fortführen. Es ist schwierig geworden, lückenlos alle Einflussmerkmale zu erfassen.

Eine hohe Differenzierung der Merkmale kommt hinzu. Dies bedeutet, dass die Merkmale eine hohe Unterschiedlichkeit aufweisen. Damit ist eine generelle Aussage über die Wirkungsrichtung nicht mehr möglich. Ein Beispiel: Anfang des Jahres wurde der sog. Spitzensteuersatz von 48,5 % auf 45 % abgesenkt. Gleichzeitig stiegen die Beiträge zur Eigenvorsorge bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Können die Menschen nun mehr konsumieren bzw. sparen oder steigt ihre Nettobelastung?

Eine Vernetzung dieser Merkmale verstärkt die Problemstellung. Beispiel: Die Unsicherheit in den Sozialversicherungssystemen bietet neue Möglichkeiten und Ansatzpunkte für Beratung und Verkauf von Finanzdienstleistungen. D. h. dass beispielsweise die Entwicklung der Abgabenlast der Menschen über den Schritt der Veränderung ihrer Kundenbedürfnisse die Entwicklung des Konsums (z. B. den Erwerb von Pkw's) verändert und sich somit auch die wirtschaftliche Lage der Autohändlerauswirkt. Bei diesen wiederum wird die Ertragslage beeinflusst, was wieder eine Auswirkung auf das Ratingergebnis haben kann. Offen bleibt die Frage, wie bei einer solchen Vernetzung noch die Endresultate genau prognostiziert werden sollen und ob dies überhaupt geht.

 

Die schon anfangs diskutierte Dynamik spielt natürlich auch eine Rolle. Die beschriebenen Merkmale können sich im Zeitablauf verändern. Bei einigen Merkmalen ist aufgrund von statistischen Verfahren eine Trendbeobachtung möglich (z. B. Konjunkturentwicklung). Andere Merkmale hingegen ändern sich ohne eigentliche Vorwarnung (z. B. Preisanpassung von Konkurrenten). Und weil dies an Komplexität noch gar nicht genug ist, kommt dann noch die Intransparenz hinzu. Darunter ist zu verstehen, dass bestimmte Merkmale dem Entscheider gar nicht zugänglich sind. Nur als Beispiele: Es ist nicht genau bekannt, ob und wenn ja welche Diskussionen zu Steuererhöhungen (z. B. Mehrwertsteuer) geführt werden. Ebenso ist nicht bekannt, ob das Konkurrenzunternehmen unseres o.a. Kunden demnächst eine Preis- oder Produktoffensive starten wird. Auch diese Darstellung ließe sich beliebig fortführen. Diese – dem Unternehmen in aller Regel unbekannten – Faktoren – können einen Einfluss auf die weitere Entwicklung haben.

Konsequenzen

Worin liegen nun die Konsequenzen? Ist es überhaupt möglich, alle Eventualitäten und möglichen Entwicklungen zu planen? Kann heute noch alles vorhergesehen und geregelt werden? Grundsätzlich sollten die dargestellten Entwicklungen als Anregung genommen werden, den Themenbereich des Change Management entsprechend zu gestalten. Die Umwelt und ihre Merkmale sind bereits komplex genug. Deren Komplexität kann auch nicht mehr (oder nur mit sehr hohem Aufwand) abgebildet werden. In Teilbereichen des Unternehmens (z.B. der Steuerung von Kapitalanlagen) ist eine modellhafte Abbildung noch sinnvoll. In anderen Bereichen bieten differenzierte Ansätze die bessere Lösung.

Somit müssen die Veränderungsmaßnahmen so erfolgen, dass die Komplexität des Veränderungsprozesses auf das notwendige Maß reduziert wird. Konkret kann so etwas wie folgt aussehen:

  • Keine 15 Seiten-Auswertung zu einer 20-Seiten-Studie. Besser ist ein 3-Seiten Report.
  • Keine unstrukturierten Beratungen. In der Praxis hat sich folgende Struktur bewährt:
  • Es gibt 3 Arten von TOP. Diese werden vorher bekannt gegeben, einschließlich des notwendigen zeitlichen Umfanges. Die Art des TOP ist maßgebend für die Moderation der Sitzung

Information: Eine Person trägt vor. Zugelassen sind nur Verständnisfragen.

Diskussion: Eine Person trägt vor. Zur Meinungsbildung kann diskutiert werden.

Entscheidung: Die Diskussion endet mit einem konkreten und verbindlichen Beschluss.

  • Keine Sitzungsprotokolle, in denen enthalten ist, wer was gesagt hat. Besser sind Protokolle, die die Entscheidungen und to-do's festhalten (wer macht was bis wann).
  • Keine Projektmanagement-Tools, deren Verwaltung und Datenpflege zuviel Zeit verschlingt und damit nicht auf dem aktuellen Stand sind.
  • Nicht für jede Aufgabenstellung ein Projektteam. Der Betrieb eines Projektteams kostet Ressourcen und so manche Aufgabenstellung lässt sich auch in einer kleinen Arbeitsgruppe lösen (MALIK).

Das erfolgreiche Veränderungsmanagement der nächsten Jahre ist durch eine Reduzierung der Komplexität gekennzeichnet. Dabei muss es gelingen, den Fokus auf die wesentlichen Stellschrauben zu legen und die 20 % zu identifizieren, die für 80 % des Erfolgs verantwortlich sind. Das bedeutet auch, dass die Mitarbeiter im Unternehmen ebenfalls als Unternehmer wirken müssen. Eigenverantwortliches und umsichtiges Handeln, Kreativität, das Selbstfinden intelligenter Lösungen und Anpassungsfähigkeit werden in der zukünftigen Gestaltung von Veränderungsprozessen an Bedeutung weiter zunehmen. Die Gestaltung der Veränderungsprozesse muss auch weiterhin die Gefühle der Mitarbeiter ansprechen. Warum? Unser "Ratio" dient oft nur dazu, diese Gefühle zu verstärken und intellektuell zu verfestigen. Provokant kann man formulieren: Die Ratio rechtfertigt im Nachhinein das Verhalten, dass zuvor durch die Gefühle veranlasst wurde. Beachtet man dies nicht, könnte es einem Unternehmen wie von BRECHT beschrieben gehen:


"Ja mach nur einen Plan,

Sei nur ein helles Licht,

Und dann mach noch 'nen Plan,

gehen tun sie beide nicht."


Fazit

Diese Veränderungen und Entwicklungen sind möglich. Menschen haben eine ideale Komponente dafür, quasi ein Urprogramm, welches für Veränderung zuständig ist: das sog. Stimulanz-Programm. Jenes ist auch für die Steuerung der Neugierde beim Menschen verantwortlich...

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