Stellen Sie sich vor, Sie fangen in einem neuen Unternehmen als Führungskraft an. Neben den neuen Aufgaben, für die Sie zuständig sein werden und den neuen Mitarbeitern muss noch ein weiterer vollkommen anderer Aspekt betrachtet werden, um den Erfolg Ihres Einsatzes zu ermöglichen: Die ungeschriebenen Gesetze. Diese können auch als versteckte Regeln und verdeckte Konventionen bezeichnet werden, die nur den Insidern (d.h. denen, die schon längere Zeit im Unternehmen tätig sind) in ihrer Gesamtheit und Komplexität bekannt sind.
Die ungeschriebenen Gesetzte entstehen nicht nur allein aus dem Selbstverständnis eines Unternehmens, seiner Führungskräfte und der Mitarbeiter. Das Regelwerk eines Unternehmens wird auch geprägt durch die (gemeinsame) Geschichte, den ungeschriebenen Gesetzen der Alltagswelt, der Stammtische und der Verwandten. Hinzukommen kommen eine Mischung aus mehr oder minder offenen Ritualen und abgestimmten Verhaltensweisen (z.B. der Reihefolge von Diskussionsbeiträgen auf Sitzungen, der Sitzordnung bei Besprechungen).
Die Fähigkeit, (die richtigen) Fragen zu stellen, kann in einer solchen Situation zur entscheidenden Schlüsselqualifikation des Aspiranten werden. Auch und insbesondere dann, wenn unser neuer Aspirant als Macher gilt. Macher kommt schließlich von „machen". Nur dass das einfache Machen hier nicht weiterhelfen wird, da die Gefahr besteht, aufgrund der Unkenntnis der Eigenheiten der Organisation in die berühmten Fettnäpfe zu treten.
Dieses Fragen hilft, die externen Erfahrungen des Neuen mit den Realitäten des Unternehmens zu vergleichen und Lücken bzw. Abweichungen zu erkennen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die externen Erfahrungswerte einfach 1 zu 1 auf das Unternehmen übertragen werden und so in die Falle eines ungeschriebenen Gesetzes getappt wird. Allzu oft wird ein Unternehmen als rein rationale Veranstaltung gesehen, was an sich emotional bedingt ist. Ungeschriebene Gesetze werden oft direkt verneint, denn eine Bejahung entspräche dem Eingeständnis der Machtlosigkeit gegenüber bestimmten – oft informellen - Abläufen im Unternehmen.
Apropos Fragen und ungeschriebene Gesetze: Fragen am Ende einer langen Sitzung nach noch weiteren Themen, die diskutiert werden können, funktionieren nicht. Wer jetzt antwortet, verstößt gegen einen Katalog ungeschriebener Gesetze: Verzögere nie eine Sitzung mit intelligenten Fragen. Oder: Es werden nur solche Themen diskutiert, auf die sich alle vorbereiten konnten – Überfälle verboten.
Veränderung vs. der Sicherung von Status und Karriere
Sie kommen neu in ein Unternehmen und wollen etwas verändern? Dann sollte der Aspirant die Probleme der Veränderungen beachten. Veränderungen führen in aller Regel auch zu neuen Regeln im Unternehmen. Für die Beteiligten und die Betroffenen stellen diese neue Regeln einen Widerspruch zu den ungeschriebenen Gesetzen über die Sicherung von Karriere und Status dar. Danach prüft jeder Mitarbeiter Veränderungen kritisch in drei Richtungen:
Als Antwort bilden sich die Regeln, Rituale und Konventionen, die erkannt werden müssen. Somit müssen insgesamt 3 Kernfragen beantwortet werden:
Um diese Informationen und Hinweise zur (verborgenen) Unternehmenskultur zu erhalten, sind zahlreiche Einzelgespräche und natürlich auch informelle Gespräche notwendig. Dem neuen Mitarbeiter wird dabei zu Hilfe kommen, dass er neu ist und dabei wie ein Katalysator, in manchen Situationen auch wie ein Ventil für bisher zurückgehaltenen Informationen und Ideen, wirkt.
In dieser Situation ist es wichtig, diese Beobachtungen zu sammeln. Wichtige Informationen in diesen Gesprächen sind:
Bei solchen Gesprächen ist es wichtig, immer eng am eigentlichen Kernthema zu bleiben: Status und Karriere. Von diesem Thema aus lassen sich die meisten ungeschriebenen Gesetze eines Unternehmens ableiten.
Management von Selbstanspruch und Möglichkeiten
Wer neu an verantwortungsvoller Position in einem Unternehmen ist, trägt natürlich auch den Selbstanspruch in sich, Dinge zu verändern. Gleichzeitig besteht auch zu einem bestimmten Umfang die Notwendigkeit, zu beweisen, dass die getroffene Entscheidung für sie oder ihn als neuen Mitarbeiter richtig war und dem Unternehmen in der Zukunft Vorteile bringt, die größer sind als die jährlichen Aufwendungen für die Beschäftigung.
Auf der anderen Seite stehen die noch begrenzten Möglichkeiten, Veränderungen durchzuführen. Begrenzungen entstehen dabei oft aus einem gewissen Mangel an Wissen über informelle Strukturen und Abläufe:
Insbesondere der letztere Punkt bietet einen gute Möglichkeit zur weiteren Verbesserung der eigenen Position im Hinblick auf die Umsetzung der angestrebten Änderungen. Sind Anwälte und Kontrahenten identifiziert, können und müssen in diesem Bereich noch weitere Unterstützer (zu mindestens passiver Art) gewonnen werden, um eine erfolgreiche Durchführung von Veränderungen zu gewährleisten.
Entscheidend bei den o.a. Maßnahmen wird sein, dass gelegentlich der eigene Blickwinkel verlassen und sich in die Welt des oder der anderen hineinversetzt wird. Das Ergebnis dieser Maßnahmen und die Berücksichtigung der hier diskutierten Punkte wird dabei helfen, neue Ideen zu lancieren, die angemessene Form der Begründung zu finden und Vertrauen zu erwerben.
Literatur
Peter Scott-Morgan. 1994. The unwritten rules of the game.
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