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Von Oliver Recklies
Die wahrscheinlichen Strategien der Konkurrenten
Entwicklung einer passenden Reaktion auf die Maßnahmen der Konkurrenz
Für ein erfolgreiches Unternehmen genügt es nicht, die Wünsche seiner Kunden zu erfüllen, entscheidend ist auch, dies besser als seine Konkurrenten zu erreichen. Im nachfolgenden möchte ich den Begriff „Konkurrent“ dem Begriff „Mitwettbewerber“ vorziehen. Letzterer ist für meinen Geschmack etwas zu „kraftlos“ und vermindert den Blick und die Einstellung auf den Konkurrenzkampf, in welchem sich Unternehmen befinden. Auch die angelsächsische Managementliteratur verwendet weitestgehend den Begriff „Competitor“.
Genau wie Kunden müssen auch die Handlungen und Intentionen der Konkurrenten analysiert und verstanden werden. In Anbetracht übersättigter Märkte (z.B. Automobilmarkt, Markt für Mobiltelefone) muss die Konkurrenzanalyse eine größere Bedeutung erfahren, da das Unternehmen oft nur noch zu Lasten der Konkurrenz wachsen kann. Ebenfalls haben einige Regierungen in den letzten Jahren die gesetzlichen Rahmenbedingungen dereguliert, um den Wettbewerb zwischen den vorhanden Unternehmen zu verstärken (z.B. Telekommunikation). Hinzu kommt, dass die EU die Handelsbarrieren zwischen ihren Mitgliedsstaaten erfolgreich reduziert oder eliminiert hat, mit dem Ergebnis, dass nur das stärkste europäische Unternehmen überleben wird.
Die Konkurrenzanalyse konzentriert sich dabei auf 5 Fragen:
§ Wer sind die Konkurrenten?
§ Was sind ihre Ziele?
§ Welches sind ihre Stärken und Schwächen?
§ Welche Strategie werden verfolgt?
§ Welche Antwort sollte im Hinblick auf die Strategie der Konkurrenz entwickelt werden?
Auf diese Frage gibt es keine einfache und dauern gültige Antwort. Die nachfolgende Illustration unterscheidet 4 Arten von Konkurrenten.
Arten von Konkurrenten
Direkte Konkurrenten bieten die gleichen Leistungen oder Produkte den selben Kunden an. Produktkonkurrenten bieten das gleiche Produkt mindestens zwei unterschiedlichen Kundengruppen an. Indirekte Konkurrenten hingegen verkaufen unterschiedliche Produkte an die gleiche Industrie. Last but not least gibt es noch die implizierten Konkurrenten: Diese umfassen ein sehr breites Set von Möglichkeiten im Sinne des Einsatzes von finanziellen Ressourcen. (Beispiel: Eine Familie kann ein neues Auto, einen Urlaub oder eine Investition in das Eigenheim als Alternativen für das begrenzte Budget betrachten.)
Ein Satz von direkten Konkurrenten wird auch oft als strategische Gruppe bezeichnet. Michael Porter vertritt zudem die Ansicht, dass Konkurrenten in den meisten Industrien in eine kleine Anzahl von strategischen Gruppen fallen. Konkurrenten innerhalb dieser strategischen Gruppe konzentrieren sich auf die gleichen Marktsegmente und verfolgen ähnliche Strategien.
Strategische Gruppen am Beispiel des Einzelhandels in Großbritannien
Die Forschungsergebnisse von Michael Porter und der McKinsey Group schlagen vor, dieses Bild noch zu verallgemeinern. Sie argumentieren, dass die Konkurrenten in einem Markt aufgrund der von ihnen verfolgten Strategien in 3 strategische Gruppen eingeteilt werden können:
§ Kostenführerschaft: Unternehmen, welche versuchen die Herstellung- und Vertriebskosten zu minimieren. Ziel: Gewinnung von Marktanteilen durch Preise, die niedriger als die der Konkurrenz sind.
§ Differenzierung: Unternehmen erzielen einen besonderen Leistung bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, welche den Zielkunden einen ganz besonderen Vorteil/Wert (Leistung, Ausstattung, Design, Markenimage) einräumen.
§ Fokus: Die Unternehmen hier konzentrieren sich auf ein bestimmtes Kundensegment oder eine bestimmte Region. Bei der Erreichung eines ganz speziellen Wissens über die Kunden und ihre Bedürfnisse wird dann eine Kostenführerstrategie oder eine Differenzierungsstrategie für dieses spezifische Kundensegment verfolgt.
Die Fähigkeit eines Konkurrenten, von einer Gruppe in die andere zu wechseln, wird durch die „Mobilitätsbarrieren“ begrenzt. Solche Barrieren umfassen Markenimage, die Niedrigkosten-Produktion und Kundenloyalität.
Die meisten Konkurrenzanalysen setzen sich mit den direkten Konkurrenten oder den Konkurrenten der gleichen Gruppe auseinander. Dies verringert die Anzahl der zu analysierenden Konkurrenten auf ein überschaubares Maß. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass auch indirekte Konkurrenten mit Substituten eine Gefahr darstellen können. Auch Konkurrenten sind in der Lage, im Laufe der Zeit neue Fähigkeiten zu erwerben und sich damit in eine neue strategische Gruppe, welche für sie interessanter oder profitabler ist, zu begeben.
Der nächste Schritt ist die Interpretation der Ziele jedes einzelnen Konkurrenten und die Bewertung der sich ggf. daraus ergebenden Gefahren. Bestehen ansprechende Ziele zur aggressiven Ausdehnung des Marktanteiles? Zwei entscheidende Faktoren beeinflussen dabei maßgeblich diese Ziele: die Zusammensetzung des Portfolios seiner Geschäfte und die finanzielle Lage des Konkurrenten. Ist das entsprechende Produkt ein „Star“ im Portfolio des Konkurrenten, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Konkurrent aggressiv auftreten wird. Der zweite Faktor ist die finanzielle Situation des Konkurrenten. Sind die Profitabilität und der Cash-Flow unzureichend, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Management eher im Zwang steht, den Ertrag zu verbessern und die Kosten zu senken, als den Marktanteil des Unternehmens zu erhöhen. Eine Handelsanalyse und eine genaue Analyse der Jahresabschlüsse der Konkurrenten sind eine ausreichende Grundlage, diese Bewertungen und Einschätzungen vorzunehmen.
Stellt ein Konkurrent eine große Gefahr für das eigene Unternehmen dar? Um diese Frage zu beantworten, muss das Management die Stärken und Schwächen jedes Konkurrenten mit dem eigenen Unternehmensprofil vergleichen. Dimensionen dieses Vergleichs sollten umfassen:
§ Marketingstärken
o Image unter Kunden
o Marktanteil
o Reputation hinsichtlich Qualität und Service
o Effektivität der Kommunikation
o Distribution
o Geographische Abdeckung
§ Finanzielle Stärken
o Profitabilität
o Cash-Flow
o Verschuldung
§ Operationale Stärken
o Kosten
o Kapazitäten
o Technische Fähigkeiten
o On-Time-Lieferung
§ Organisatorische Stärken
o Unternehmensführung
o Mitarbeitermotivation
o Flexibilität
o Unternehmerische Fähigkeiten
Bei diese Analyse ist es sehr wichtig, einen unabhängigen Blick auf diese Faktoren zu erhalten. Im allgemeinem neigen Manager dazu, die Reputation der eigenen Produkte und Mitarbeiter bei Kunden zu überschätzen und die der Konkurrenz zu unterschätzen.
Um die wahrscheinlichen Strategien der Konkurrenten herauszufinden, ist es notwendig ihre Ziele und ihre Stärken/Schwächen analysiert bzw. verstanden zu haben (siehe vorhergehende Schritte). Eine Strategie, die bisher erfolgreich verfolgt wurde, hat eine hohe Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft verfolgt zu werden. Für den Fall, dass der Konkurrent die Chancen der bisher bedienten Marktsegment vollständig ausgenutzt hat, liegt es ebenso nahe, dass er nun zu neuen Marktsegmenten oder neuen Marktgebieten übergehen wird.
Nischenanbieter im hochpreisigen Marktsegment sind gegenüber Angriffen von Massenproduzenten, die nach weiteren Möglichkeiten zum Wachstum suchen, relativ leicht verwundbar. Ihr Zugang zu Ressourcen und ihre Möglichkeit, Skaleneffekte auszunutzen, kann im Zeitablauf die Mobilitätsbarrieren überwinden, die kleinere Unternehmen schützen. Ebenso ist ein Angriff durch einen Konkurrenten dort möglich, wo er seine besonderen Stärken hat. So kann z.B. ein Niedrigkosten-Hersteller einen hochpreisigen Nischenanbieter angreifen und dabei den Preis als Angriffswaffe einsetzen.
Es ist naturgemäß nicht möglich, eine allgemeingültige Antwort gegenüber Maßnahmen der Konkurrenz ohne Berücksichtigung der spezifischen Situation zu entwickeln. Daher sollen die nachfolgenden Ausführungen sich auf die Aspekte beziehen, die unabhängig von der jeweiligen Situation verfolgt werden müssen.
Idealerweise wird die bisher durchgeführte Konkurrenz-Analyse dem Unternehmen erlauben, eine proaktive Antwort auszuführen. Manchmal wird eine solche – unerwartete – Antwort allerdings eine schnelle Reaktion erfordern.
Eine proaktive Strategie besteht aus mehreren Komponenten:
§ Auseinandersetzung mit den Schwächen des eigenen Unternehmens, die sich aus der SWOT-Analyse ergeben haben.
§ Verstärkung und Vermarktung der Gebiete, in denen Stärken bestehen mit dem Ziel der Verbesserung der eigenen Position in der strategischen Gruppe.
§ Ausnutzung von Möglichkeiten, die Mobilitätsbarrieren zu erhöhen und das Eindringen von neuen Konkurrenten zu erschweren, wenn nicht sogar ganz zu verhindern. Mögliche Maßnahmen:
o Verstärkung der Marketing-Aktivitäten zu Imageverbesserung
o Ausdehnung der Produktpalette zum Füllen von ggf. vorhandenen Lücken
o Patentschutz
o Kontrolle der Quellen von Rohmaterial
o Ausnutzung von Skaleneffekten
Eine andere Möglichkeit zur Beeinflussung oder zur Kontrolle des Konkurrenzkampfes ist die Nutzung von Marktsignalen. Solche Marktsignale können sowohl aggressiv oder defensiv in ihrer Intention sein.
Defensive Signale: |
Öffentliche Bekanntmachung von Maßnahmen und Zielen Beispiel: Unternehmen will nicht den Marktanteil erhöhen, aber die Gewinnmarge ausdehnen Ziel: Konkurrenten von Preiskämpfen abhalten |
Aggressive Signale |
Öffentliche Bekanntmachung über neue Produkte Beispiel: Einführung einer Marke für das untere Preissegment Ziel: Abhaltung der Konkurrenz von einem Angriff |
© Oliver Recklies, Mai 01
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